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Simon Villiger ist ein freischaffender Fotograf und Künstler, der sich in den letzten 20 Jahren intensiv mit Indien beschäftigt hat. Seine Reisen in das vielfältige und kontrastreiche Land haben seine künstlerische Arbeit stark beeinflusst und ihm eine einzigartige Perspektive auf die indische Kultur, Gesellschaft und Landschaft verliehen.

In seinen Fotografien fängt Villiger die Essenz des Alltagslebens in Indien ein. Er dokumentiert nicht nur die Schönheit und Pracht der bekannten Sehenswürdigkeiten, sondern auch die weniger beachteten, alltäglichen Szenen, die das wahre Leben in Indien ausmachen. Durch seine Linse zeigt er das bunte Treiben auf den Märkten, die stille Andacht in den Tempeln, die unermüdliche Arbeit der Menschen und die vielfältigen Gesichter Indiens.

Villigers Arbeiten zeichnen sich durch ihre Authentizität und Tiefe aus. Er hat ein besonderes Talent dafür, die emotionale Intensität und die spirituelle Atmosphäre Indiens einzufangen. Seine Fotografien erzählen Geschichten von Freude, Trauer, Hoffnung und Glauben und bieten dem Betrachter einen tiefen Einblick in das Leben der Menschen, denen er auf seinen Reisen begegnet ist..

Villigers Leidenschaft für Indien geht über die reine künstlerische Inspiration hinaus. Er hat sich auch intensiv mit der Geschichte, Religion und Kultur des Landes auseinandergesetzt. Seine Reisen haben ihn zu einem wahren Kenner Indiens gemacht, und er teilt sein Wissen und seine Erfahrungen gerne durch Vorträge und Ausstellungen.

Durch seine Kunst und Fotografie trägt Simon Villiger dazu bei, das Verständnis und die Wertschätzung für die Vielschichtigkeit und Schönheit Indiens zu fördern. Seine Arbeiten laden den Betrachter ein, das Land durch seine Augen zu sehen und sich von der Magie und dem Zauber Indiens verzaubern zu lassen.

Simon Villiger ist ein Profi – nicht dass die anderen keine wären, aber in dem Sinn, dass sein Fotografieren sich in vielerlei berufliche Pflichterfüllungen aufteilt. Er ist welt- und vor allem asienerfahren auf dem fotografischen Parkett, mit allen Wassern gewaschen, einer, der nicht aufgibt, bevor das Ding im Kasten ist, und koste es das Leben. Mit der Menge an Erfahrungen, denn jedes einzelne Foto mag dem wirklich besessenen Fotografen eine Erfahrung und auf seiner eigenen Festplatte eingebrannt sein, ergibt sich das Bedürfnis, all diese Momente zielführend und geschichtenerzeugend zu kombinieren und dieses Festhalten des einzelnen Moments zu überschreiben, indem aus starren Fixierungen wieder Bewegtbilder werden, ein übergeordnetes Ganzes, in dem Menschen und auch Dinge ihre solitären Leben miteinander teilen. Die so oft im Vordergrund stehende Technologie wird überwunden, wenn ein künstlerischer Mensch die Subjekte seines Bildwerks eben auf Augenhöhe als Menschen betrachtet und ein gemeinsames Dasein ernstzunehmen bereit ist. Erst dann scheinen sie in ihren fernen, uns fremden und geheimnisvollen Leben fast darauf gewartet zu haben, dass dieses eine Bild entsteht. Das Projekt „What people think“ entstand zusammen mit einem Kollegen, ein Interviewprojekt in Nordindien mit diesmal nicht vor Ort lebenden Menschen, sondern mit Besuchern und deren Erwartungen von ihrer Reise, vom Leben, von einem erhofften Moment der Erleuchtung. Die Arbeit „Forgotten Food“ hingegen funktioniert ganz anders. Erstens spricht Simon Villiger hier von „möglichst wenig Aufwand“, zweitens warten die Objekte auf keinen Moment, sondern tun einfach das, was ihrem Dasein innewohnt: sie zerfallen. Wären sie nicht im Kühlschrank vergessen und stattdessen eben gegessen worden, wäre dies ein viel unnatürlicherer Eingriff in ihre Bestimmung gewesen als das, was wir hier verfolgen können. All das ist Fotografie in Reinkultur, die Suche nach dem nicht Aufzuhaltenden zum Zwecke des Festhaltens eines sprechenden, in der Betrachtung wiederum Bewegung erzeugenden Moments.

Max Christian Graeff (mcgraeff@wtal.de)

Im Gespräch mit Anna Meyer für den Luzerner Anzeiger

«Das Leben ist ein Moment, den ich mit der Kamera festhalten möchte», sagt Simon Villiger nach einer kurzen Denkpause und nimmt einen Schluck von seinem Kaffee. Es ist früher Samstagabend und das Café beim Bahnhof Luzern ist fast bis auf den letzten Platz besetzt. Erst vor wenigen Tagen ist Simon Villiger von einer siebenmonatigen Indienreise zurückgekehrt, konnte sich aber kurzfristig Zeit für ein Interview nehmen. Nun sitzt der Fotograf im dicht besetzten Lokal mit einer Tasse Kaffee zwischen den Händen am Tisch und erzählt, was ihn an seinem Beruf fasziniert. «Bereits als Jugendlicher interessierte ich mich fürs Fotografieren. Richtig Feuer gefangen habe ich, als ich mit meiner ersten digitalen Kamera nach Asien reiste und dabei einige gute Bilder entstanden sind.» Als Simon Villiger erste Aufnahmen verkaufen konnte, entschied er sich, sein Hobby zum Beruf und eine Fotografieausbildung zu machen.

Zweite Heimat in Indien

Das alles ist zehn Jahre her. Seitdem sind unzählige Bilder entstanden; viele von ihnen zeigen Szenen und Menschen aus einem fremden Land. «Ein grosser Teil meiner Fotografien habe ich in Indien gemacht», erzählt der 41-Jährige. «Die Kultur und die Menschen faszinieren mich sehr. Alles funktioniert dort anders. Die Leute müssen improvisieren: Wenn etwas nicht geht, wird es halt anders gemacht.» Dass der gebürtige Surseer eine solche Faszination für das Land entwickelt, hätte er nicht gedacht. «Als ich 2004 das erste Mal nach Indien reiste, war ich als Landei aus der Schweiz mit einer 20-Millionen-Stadt wie Delhi vollkommen überfordert. Überall fremde Gerüche, Lärm und eine unglaubliche Masse an Menschen.» Doch Simon Villiger hat die mehrmonatige Reise durchgezogen und dabei seine Liebe für das Land entdeckt. Seitdem verbringt er jedes Jahr einige Monate in Indien. «Ich habe viele Menschen kennengelernt, die heute meine Freunde sind. Wenn ich in Indien bin, besuche ich sie und reise einige Monate durchs Land, um neue Bilder zu machen.» 

Auf Augenhöhe sein

Dabei ist er nicht auf der Suche nach einem bestimmten Motiv, er lässt sich von Begegnungen und spontanen Szenen inspirieren. «Am liebsten fotografiere ich Menschen. Wenn das Gegenüber sich fotografieren lässt, ohne sich zu verstellen, ist das das grösste Geschenk für mich.» Wie sehr sich die Menschen gegenüber Simon Villiger öffnen, kommt in seinen Fotografien zum Ausdruck. Es gibt Aufnahmen, die nackte Menschen tanzend bei einem Ritual zeigen und Einblicke in intime Alltagsituationen geben. «Solche Bilder sind nur möglich, wenn man eine Beziehung zu den Menschen aufbaut», erklärt Villiger. «Man darf nicht hetzen und gleich den Abzug drücken. Die Leute spüren, wenn es einem nur um das  Foto geht. Man muss wahres Interesse zeigen und dem Gegenüber auf Augenhöhe begegnen.» Dafür brauche es Zeit und Geduld. Deshalb ist Simon Villiger beim Fotografieren am liebsten alleine unterwegs: So kann er sich spontan auf Begegnungen einlassen und sich so viel Zeit nehmen, wie nötig.  

Ein noch unerfüllter Wunsch des Fotografen ist es, einen indischen Ziegenhirten über mehrere Tage mit der Kamera zu begleiten. «Ich bin selbst ein Minimalist und besitze fast nichts», erzählt Villiger. «Der einfache Alltag von Menschen, die in der Natur leben, fasziniert mich. Ich glaube, es ist ein hartes, aber auch ein sehr sorgenfreies Leben. Vielleicht bin ich da aber auch etwas zu romantisch», gesteht er lachend. 

Bilder, die Emotionen wecken

Wenn Simon Villiger in der Schweiz ist, arbeitet er neben eigenen Projekten auch als Auftragsfotograf. Das gehöre dazu, um den Lebensunterhalt finanzieren zu können. Trotzdem sind Shootings nicht Simon Villigers Leidenschaft: «Inszenierte Bilder sind zwar schön, sie haben für mich aber keine Wirkung. Ich möchte die Menschen in ihrer Echtheit zeigen und mit meinen Aufnahmen eine wahre Geschichte erzählen. Ein Bild ist für mich dann gut, wenn es beim Betrachter Emotionen auslöst und man merkt, dass es authentisch ist.»

Wie man es schafft, so zu fotografieren, möchte Simon Villiger auch anderen beibringen. Deshalb führt er dieses Jahr zum ersten Mal eine Fotoreise durch: Auf der zweiwöchigen Tour durch Indien lernen die Teilnehmenden Land und Leute kennen und erhalten vom Profi Tipps beim Fotografieren. «Es wird eine sehr abenteuerliche Reise, die uns bis in die Höhen des Himalayas und aus der vertrauten Komfortzone führt.» Bevor die erste Tour im Sommer startet, geht es für Simon Villiger nach Zürich: An der photoSchweiz präsentiert er zehn seiner neuesten Bilder. Auch diese Aufnahmen gewähren wieder ungewöhnlich intime Einblicke in das einfache Leben der Menschen Indiens.